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Personalgewinnung in der Automobilbranche: Quick-Bewerbungen und Mitarbeiterempfehlungen bei Graf Hardenberg

Mit Quick-Bewerbungen und Mitarbeiterempfehlungen gegen den Fachkräftemangel. Ein Gespräch mit Patrik Böhm, Personalleiter bei Graf Hardenberg zu den aktuellen Herausforderungen der Personalgewinnung und Personalbindung.
Veröffentlicht am 06.04.2023
Patrik Böhm, Personalleiter bei Graf Hardenberg, spricht über die aktuellen Herausforderungen der Personalgewinnung und Personalbindung. Bilder: Graf Hardenberg und izzuan - stock.adobe.com

Die Graf-Hardenberg-Gruppe gehört zu den größten Autohandelsgruppen Deutschlands und beschäftigt über 1.600 Beschäftigte in insgesamt 34 Betrieben an 17 Standorten in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz.
Ein Gespräch mit Personalleiter Patrik Böhm zu den aktuellen Herausforderungen der Personalgewinnung und Personalbindung.

Herr Böhm, die Veränderungen des Kfz-Gewerbes haben sicher auch Auswirkung auf die Personalpolitik ihres Unternehmens.

In der Tat. Seit unserer Gründung stand unser Geschäft immer auf zwei Säulen. Autos verkaufen und Autos reparieren. Seit geraumer Zeit vollzieht sich ein Wandel hin zum Mobilitätsdienstleister. Eine aktuelle Studie der Landesregierung zur Beschäftigung im Kfz-Gewerbe bestätigt, dass die Veränderungen im Automobilsektor auch Auswirkungen auf die Job-Profile der Beschäftigten haben, die wir heute schon beobachten können. Ein Beispiel: Durch die zunehmende Elektrifizierung der Fahrzeuge steigt der Bedarf an Hochvoltexperten. Ebenso verändert sich das Aufgabenprofil im Sales-Bereich. Bisher stand eindeutig der Verkauf im Vordergrund. Jetzt kommt immer mehr die erklärende Komponente hinzu. Die digitalen Umfänge und Funktionen des Fahrzeugs müssen den Kunden erklärt und vorgeführt werden. Zum Teil komplexe Assistenzsysteme erfordern so spezielles Fachwissen und auch didaktische Kompetenzen.
Unsere Aufgabe ist es, unsere Beschäftigten durch konsequente Personalentwicklung fit für die Zukunft zu machen und gezielt qualifiziertes Personal einzustellen.

Bietet der Arbeitsmarkt dazu denn genügend Potenzial?

Wir mussten feststellen, dass der Fachkräftemangel, aufgrund des demografischen Wandels und anderer Ursachen, auch bei Graf Hardenberg angekommen ist. Dies lässt sich an der sinkenden Anzahl der Bewerbungen pro ausgeschriebener Stelle feststellen.

Das ist sicher nicht einfach, zumal Graf Hardenberg wächst.

Ja, Graf Hardenberg ist über die Jahre kontinuierlich, aber auch sehr gesund gewachsen. Ein stetiger Personalbedarf ist die Folge, zumal ältere Beschäftigte uns verlassen. Zum Glück können wir mit Stolz sagen, dass die Verweildauer im Unternehmen zum Teil enorm ist. Erst vor Kurzem konnten wir einen Mitarbeiter ehren, der bereits 50 Jahre im Unternehmen ist.

Wie schaffen Sie es, Beschäftigte so lange an Ihr Unternehmen zu binden?

Die Beschäftigten sind unser höchstes Gut. Nur mit hinreichend qualifizierten und motivierten Kolleginnen und Kollegen können wir Tag für Tag unsere Kunden zufriedenstellen. Die Unternehmenskultur spielt im Rahmen der Mitarbeiterbindung eine zentrale Rolle. Unsere Führungskräfte sind das direkte Bindeglied zu unseren Beschäftigten. Hier setzen wir an und werden die Führungskompetenz weiter stärken. Ziel ist es, gemeinsam getragene Führungsprinzipien für Graf Hardenberg zu implementieren. Dabei geht es um Haltung. „Ich will lernen“ kann eine solche Haltung oder auch Denkweise sein. Da steckt dann viel mehr dahinter, als man auf den ersten Blick meinen könnte. Es geht beispielsweise darum, Fehler als Möglichkeit des Lernens zu sehen oder Wissen und Erfahrungen zu teilen.

Aber ohne Neueinstellungen geht es nicht …

Bei Neueinstellungen setzen wir auf die Ausbildung junger Menschen, aber wir schauen uns natürlich am Arbeitsmarkt um. Eine aktuelle Studie beziffert die Zahl der aktiv Suchenden in der Automobilbranche auf 5 bis 17 Prozent. Spannend sind für uns daher auch die Personen, die passiv auf Jobsuche sind. Also die, die noch nicht aktiv suchen, aber die emotionale Bindung zum aktuellen Arbeitgeber verloren haben.
Beide sprechen wir über unseren eigenen Internetauftritt, über Jobportale, aber auch über die Sozialen Medien an, je nach Anforderungsprofil. Auch Außenwerbung an Litfaß-Säulen kommt zum Teil wieder erfolgreich zum Einsatz.

Welche Maßnahmen sind Ihrer Meinung nach notwendig, um erfolgreich neue Mitarbeitende zu gewinnen?

Es ist sicher so, dass der Bewerbungsprozess so einfach wie möglich gestaltet werden muss. Wir haben immer wieder festgestellt, dass es im Online-Bewerbungsprozess zu Abbrüchen kommt. Deshalb haben wir den Bewerbungsprozess leichter gestaltet, indem wir eine „Quick-Bewerbung“, also eine Bewerbung mit nur wenigen Klicks eingeführt haben. Die Bewerbenden geben ihren Namen und ihre Telefonnummer an. Der Rest ist optional. So bekommen wir deutlich schneller mehr Kontakte zu potenziellen Beschäftigten.
Außerdem haben wir ein Mitarbeiter-Empfehlungsprogramm eingeführt, das wir schlicht „Weitersagen lohnt sich“ nennen. Kommt es durch eine Empfehlung zur Einstellung, wird nach einer gewissen Verweildauer im Unternehmen eine finanzielle Belohnung an den empfehlenden Mitarbeiter ausgeschüttet. Auf diese Weise konnten wir bereits im ersten Monat neue Beschäftigte im zweistelligen Bereich gewinnen.

Was sind denn Ihre Argumente, dass sich Arbeitskräfte für Graf Hardenberg entscheiden?

Wir sind eine der erfolgreichsten Automobilhandelsgruppen in Deutschland und bieten sichere Arbeitsplätze. Attraktiv werden wir als Arbeitgeber natürlich auch durch eine marktgerechte Entlohnung und betriebliche Zusatzleistungen wie Mitarbeiterangebote und eine attraktive Altersvorsorge. Das ist aber eher die Basis, ohne die es heute nicht mehr geht. Neben interessanten Aufgaben in einem innovativen und motivierenden Arbeitsumfeld stärken vor allem auch die standortübergreifenden Entwicklungsmöglichkeiten im Unternehmen unsere Attraktivität als Arbeitgeber.

Herzlichen Dank, Herr Böhm, für das interessante Gespräch!

Von Holger Hagenlocher